„Säule Nummer eins ist Prävention“

Bürgerstiftung unterstützt Schulen bei Vorbeugung von Cybermobbing

Von Alexander Lange: Warstein – Wenige Clicks, eine kurze Nachricht, ein schneller Schnappschuss – was einmal im Netz landet, verbreitet sich rasend schnell. Und das Internet vergisst bekanntlich nicht. Weil mit den wachsenden Möglichkeiten im World-Wide-Web auch die Gefahren rund um das Thema Cybermobbing steigen, haben Europa-Gymnasium und Sekundarschule Präventionsprojekte ins Leben gerufen – und werden dabei nun auch von der Bürgerstiftung Warstein unterstützt.
„In einer aktuellen Studie der Barmer wurde festgestellt, dass mehr als die Hälfte der jungen Menschen in Deutschland mit Fällen von Cybermobbing konfrontiert ist“, erläutert Dr. Christina Berger, Lehrerin am Europa-Gymnasium und stellvertretende Vorsitzende der Bürgerstiftung: „Besonders besorgniserregend ist, dass 16 Prozent der Heranwachsenden online direkt Zielscheibe von Anfeindungen werden, während 15 Prozent angaben, keine Hilfe bei Cybermobbing-Attacken erhalten zu haben. Oftmals eskalieren solche Fälle über Plattformen wie WhatsApp, TikTok oder Instagram, da in Onlinenetzwerken kaum sichere Rückzugsmöglichkeiten existieren und Gerüchte sowie Lügen sich rasend schnell verbreiten.“ Das seien Zahlen, die „zutiefst beunruhigen“ – und bereits Schüler ab den fünften Klassen betreffen.
„Wir reden über ein Problem, das wächst“, erklärt Michael Menke, Digitalisierungsbeauftrager und Medienkoordinator der Sekundarschule in Belecke. Es gehe nicht mehr nur das Mobbing im Internet, sondern auch um „Grooming“ – die Kontaktaufnahme Erwachsener mit Kindern, bei der beispielsweise über Chatforen Vertrauen gewonnen wird, dann um Nacktfotos gebeten wird, mit denen die Opfer später zum Beispiel erpresst werde könnten. „Es wird immer mehr“, ergänzt Claus Finger, Lehrer des Europa-Gymnasiums, gleichzeitig Experte für Suchtprävention und Medienpädagogik.
Während es an der Sekundarschule erst zum Jahreswechsel einen Elternabend gab, um über das Thema aufzuklären – auch gemeinsam mit der Polizei, denn „die Straftaten in diesem Zusammenhang gehen exponentiell nach oben“ – haben sich fünf Schülerinnen und Schüler des Europa-Gymnasiums in Zusammenarbeit mit dem Medienzentrum Soest zu sogenannten Medienscouts ausbilden lassen. In erster Linie geht es darum, bei Fragen und Sorgen in Sachen Cybermobbing Mitschülerinnen und Mitschülern zur Seite zu stehen – „wir arbeiten ähnlich wie Streitschlichter, wenn es Probleme gibt, können die Schülerinnen und Schüler zu uns kommen“, sagt beispielsweise Janina Gosser aus der Stufe 10, die gemeinsam mit Blanka Kempf und Franziska Hader (beide Stufe 10) sowie Bruno Bräutigam und Felix Meschede (beide Stufe 9) die Ausbildung zum Medienscout abgeschlossen hat.
Das Thema Cybermobbing sei in unterschiedlichen Fächern Teil des Lehrplans, könne aber nicht immer so intensiv behandelt werden, wie es vielleicht nötig wäre erklärt Bernd Belecke, Schulleiter des Europa-Gymnasiums. „Die Säule Nummer eins ist Prävention“, ergänzt Finger. Aufgrund der wachsenden Problematik – und weil das Budget der Schulen in dieser Thematik begrenzt ist – kam die Bürgerstiftung ins Spiel, die den Kontakt zu Europa-Gymnasium und Sekundarschule suchte. Kern der Initiative ist das Präventionstheaterstück „Lisas Welt“, das vom „Theater Maximal“ aus Stolberg am 27. und 28. Juni auf den Bühnen von Sekundarschule und Europa-Gymnasium aufgeführt wird. Das Stück endet offen, um eine Diskussion unter den Schülern anzuregen, erklärt Dr. Christina Berger. Moderiert wird die Diskussion im Anschluss vom Theaterregisseur Philipp Maurer. Um eine lebhafte Diskussion zu ermöglichen, findet die Aufführung im kleinen Rahmen von maximal zwei Klassen statt. Im Anschluss gibt es eine Nachbesprechung im Klassenraum. Insgesamt werden damit über 350 Schülerinnen und Schüler der 5. bis 7. Klassen der weiterführenden Warsteiner Schulen erreicht. Begleitet werde die Initiative durch ein Rahmenprogramm beider Schulen. Die Sekundarschule bietet verschiedene Teambuilding-Maßnahmen sowie Präventionsaktionen an und erhielt die Auszeichnung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Hierbei biete die Sekundarschule den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, das Klima an ihrer Schule aktiv mitzugestalten, indem sie sich bewusst gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt wenden. Am Europa-Gymnasium durchlaufen die Sechstklässler zudem in dieser Woche ein Social-Network-Training. Um auch den Eltern und Erziehungsberechtigten die Hand zu reichen, bietet das Europa-Gymnasium eine zusätzliche Online-Elterninfo „Social Network“ für die Stufe 6 an. Ab dem neuen Schuljahr wird das Gymnasium zudem zur Modellschule: Mit dem neuen 5er-Jahrgang startet das Projekt „Gemeinsam Klasse sein“, um das Klassenklima zu stärken.
Das nun ins Leben gerufene Projekt wird vollumfänglich, mit über 3.000 Euro, von der Bürgerstiftung Warstein gefördert. Damit verbunden ist die Hoffnung, das Bewusstsein für Cybermobbing an Warsteins Schulen zu schärfen und einen Raum für Schüler zu schaffen, um über dieses wichtige Thema zu sprechen und Strategien zur Prävention vor Ort zu entwickeln. so Berger abschließend. Es gehe um Sensibilisierung und Wissensvermittlung.

Quelle: Soester Anzeiger, 23.04.2024

Die Verantwortlichen der Bürgerstiftung Warstein setzen sich gemeinsam mit Lehrern und Medienscouts des Europa-Gym-
nasiums und Michael Menke (hinten mittig) von der Sekundarschule in Belecke gegen Cybermobbing ein. Von Alexander Lange, Soester Anzeiger, 23.04.2024